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Vor
zwei Jahren zuletzt wurde im Heimatkalender des Kreises
Euskirchen über das Rheinische Freilichtmuseum
in Kommern berichtet. Damals war es die Freunde und
die Genugtuung darüber, dass Kommern als Standort
für das Museum gewählt wurde, die uns die
Feder führte. Und wir mussten uns seinerzeit
darauf beschränken, die Bedeutung des Museums
und seine Aufgaben zu schildern und über die
Planung und das künftige Aussehen der Museumsanlagen
zu sprechen. Inzwischen sind für die Museumsleute
zwei Jahre angestrengter Arbeit vergangen, einer Arbeit,
deren Ergebnisse bei der Eröffnung eines Teilabschnittes
des Museums im Sommer dieses Jahres der Öffentlichkeit
vorgestellt werden sollen. Wenn wir heute darum erstmals
auf die vergangene Aufbauzeit zurückblicken und
uns dessen erinnern, wie wir uns damals den Aufbau
vorgestellt haben, so dürfen wir sagen, dass
an der Planung und dem „Terminkalender“
im großen und ganzen festgehalten werden konnte.
Nur in einem haben wir uns geirrt: Wir mussten in
diesen zwei Jahren eine viel größere Zahl
von Bauten abbrechen und nach Kommern überführen,
als wir uns ursprünglich als Jahresdurchschnitt
vorgenommen hatten. Zeitweise wurden wir sogar von
unaufschiebbaren Abbruchunternehmungen förmlich
überrollt: So wurden bis zum Ende des Jahre 1960
schon 26 Einzelbauten abgebrochen und nach Kommern
gebracht (im Endzustand soll das Freilichtmuseum rund
60 Bauten beherbergen). Was dies heißt und welche
Arbeitsleistung hinter dieser Zahl steht, vermag nur
der zu ermessen, der Gelegenheit hatte, einem solchen
Abbruch einmal zuzusehen. Nach genauer Messung und
Aufzeichnung wird Holz für Holz nach Entfernung
der Holznägel sorgfältig aus dem Fachwerkverband
gelöst und herausgenommen, jedes Stück wird
nummeriert und schließlich nach Kommern gebracht.
Und hier mussten wir infolge der schnellen Folge der
Abbrüche immer wieder neue Lagerräume schaffen,
denn es vergehen oft Jahre, bis der eine oder andere
Baum zum Wiederaufbau in Museumsgelände heran
steht Aus allen Teilen der ehemaligen Rheinprovinz
haben wir diese Bauten heranbringen müssen, oft
mussten weite Transportstrecken in Kauf genommen werden:
Von der Eifel und vom Niederrhein, aus dem Bergischen
Land, vom Westerwald und vom Mittelrhein, denn überall
geht die Zerstörung der alten ländlichen
Baudenkmäler im gleichen Maße und im gleichen
Tempo vor sich. Dabei handelt es sich bei den für
den Wiederaufbau im Freilichtmuseum geretteten Bauten
nur um einen ganz kleinen Teil dessen, was Tag für
Tag landauf landab einer neuen Wohnkultur, dem Straßenbau,
der Industrialisierung und vor allem der Technisierung
der Landwirtschaft zum Opfer fällt. Das Museum
in Kommern hat keine unbegrenzten Möglichkeiten,
und wir müssen unter den von der Vernichtung
bedrohten Bauten in sorgfältiger und gewissenhaften
Auswahl diejenigen aussuchen, die als kulturgeschichtlich
besonders wertvolle Denkmäler die Bau- und Wohnweise
einer bestimmten Landschaft, eines bestimmten Zeitraumes
und einer bestimmten sozialen Gruppe besonders klar
und beispielhaft für viele andere repräsentieren.
Es ist verständlich, dass angesichts der Zahl
der Abbruchunternehmungen der Wiederaufbau im Museumsgelände
zeitweilig zurückstehen musste, wenngleich wir
uns bemühten, auch beim Wiederaufbau die vorgesehene
Planung einzuhalten. Der Museumsbesucher wird sich
später nur schwer ein Bild davon machen können,
welch vielfältige Arbeit in jedem Einzelfalle
mit dem Wiederaufbau eines Fachwerkhauses verbunden
ist. Wenn es wiederaufgebaut und mit aller Inneneinrichtung
vor ihm steht, dann wird dies alles wie selbstverständlich
aussehen, und niemand wird noch daran danken, dass
jedes einzelne Holz vorher in den Werkstätten
viele Arbeitsgänge durchlaufen musste, ehe der
Bau aus den Einzelteilen wieder zum Ganzen zusammengefügt
werden konnte. Oberster Grundsatz in einem Freilichtmuseum
ist die Bewahrung der originalen Bauteile, denn das
Museum wird ja eben dafür errichtet, den Denkmälern
der ländlichen Baukultur Schutz zu geben, sie
zu erhalten für die Nachwelt in einer Zeit, in
der gemeinhin nicht mehr die Möglichkeit besteht,
die Denkmäler am ursprünglichen Ort zu schützen.
Auf der anderen Seite sollen diese Bauten nicht nur
für wenige Jahre im Museumsgelände mehr
oder weniger notdürftig ihr Dasein fristen: Wie
jedes in musealen Gewahrsam genommene Denkmal müssen
sie so aufgebaut werden, dass sie für Jahrzehnte
und Jahrhunderte, solange überhaupt dies menschenmöglich
ist, Bestand haben und von vergangenen Kulturepochen
Zeugnis ablegen können. Die Bewahrung der originalen
Bauteile und damit ihres eigentlichen Denkmalwertes
einerseits, die bautechnischen Bedingungen für
ein möglichst langes Fortbestehen andererseits,
diese beiden Forderungen zwingen uns in jedem Einzelfalle
immer wieder zu sorgfältiger Prüfung aller
einzelnen Bauglieder.
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Durch chemische Behandlung werden die Hölzer gegen
Schädlingsbefall und gegen Witterungseinflüsse
geschützt, bereits angegriffene Stellen müssen
gehärtet werden. Verfaulte, ausgewitterte und brüchige
Stellen werden durch genau eingepasste und wieder druck-
und zugfeste Anschaffungen ergänzt und ersetzt.
Bei alledem muss selbstverständlich die alte Zimmerungstechnik
angewandt werden. Wie für die Bauten selbst, so
gelten die gleichen Grundsätze auch für deren
Inneneinrichtung, nur dass hier die Gegenstände
durch die Hand des Restaurators noch vielfältigere
Arbeitsgänge erfahren. Und so wird es denn am Ende
sein: „Der Bau wird dem Besucher so „selbstverständlich“
gegenüberstehen, dass die Hand der Museumsleute
kaum zu spüren sein wird. Vorab muss die Windmühle
aus Spiel (Kr. Jülich) genannt werden. Als eine
der letzen Bockwindmühlen im Rheinland wurde die
baufällige Mühle schon 1958 unter der Leitung
von Mühlenbaumeister Laasch aus Sudwalde (Bez.
Bremen) in rund 15 Arbeitswochen abgebrochen und im
Museumsgelände wieder aufgebaut. Weithin sichtbar
steht sie seitdem am leicht abfallenden Westhang, nahe
der höchsten Kuppe unseres Geländes. Mit ihren
ältesten Teilen noch aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts
stammend, instand gesetzt schon früher einmal gegen
Ende des 18. Jahrhunderts und erneut im Laufe des 19.
Jahrhunderts, wird sie bis zur Aufstellung weiterer
Windmühlen anderen Typs noch lange den Hauptanziehungspunkt
unserer Besucher und vor allem für die Schuljugend
bilden. Die zweite Baustelle liegt an dem Platz, wo
die Baugruppe „Eifel und Köln-Bonner Bucht“
entsteht. Hier haben wir ein Gehöft aus Scheuerheck
(Kr. Euskirchen) wieder aufgebaut. Es besteht aus dem
in der Nordeifel weithin verbreiteten „Wohnstallhaus“
(Wohnung, Stall und Speicher unter einem Dach) aus dem
Jahre 1711, der zugehörigen Scheune etwas jüngeren
Datums und einem Bienenhaus. Bergseitig gegenüber
fand - ihrer früheren Lage genau entsprechend -
eine Scheune mit angebautem Stallgebäude aus Breidscheid
(Kr. Ahrweiler) ihren Platz. Der Bau stammt noch aus
der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und stellt
hinsichtlich seines Alters und seiner Konstruktion ein
baugeschichtlich besonders wertvolles Denkmal unseres
Museums dar. Ihm folgt auf der Hangseite unseres „Eifeldorfes“
ein Gehöft aus Binzenbach (Kr. Ahrweiler). Wohnhaus,
Stall und Doppelscheune sind im Winkel angeordnet. Scheune
und Wohnhaus sind datiert, sie stammen aus den Jahren
1673 und 1686; gegenüber Scheuerheck werden die
Unterschiede in der Konstruktion und in der Form des
Gehöftes deutlich sichtbar. Wie am früheren
Standort, so liegt auch jetzt wieder dieser Hof in reizvoller
Hanglage. Auf der Mitte des kleinen Dorfplatzes steht
die Dorfkapelle aus Schützendorf (Kr. Schleiden)
aus dem Jahre 1783. Es handelt sich um ein kleines bescheidenes
Bauwerk, wie es vordem fast in jedem Dorf der Nordeifel
zu sehen war. Die genannten Gebäude werden bis
zur Eröffnung fertig eingerichtet für die
Besucher freigegeben werden können. Hinzu kommen
noch einige weitere Bauten, die bis dahin im Rohbau
bzw. im Aufbau besichtigt werden können. So steht
zunächst ein Wohnhaus aus Bonn-Kessenich aus dem
Anfang des 17. Jahrhunderts, ein größeres,
zweigeschossiges Wohnhaus aus Bodenbach (Kr. Mayen)
aus dem 17. Jahrhundert und schließlich das erste
Gebäude der niederrheinischen Gruppe, ein Hallenhaus
aus Viersen zum Wiederaufbau heran. Dann werden noch
zwei weitere größere Hofanlagen im Eifeldorf
folgen. Neben fertigen und eingerichteten Bauten wird
der Besucher auf diese Weise auch jederzeit die Einzelheiten
beim Wiederaufbau der Bauten verfolgen können.
Außer den Bauten selbst und ihrer Inneneinrichtung
galt unsere Arbeit auch der Gestaltung der Siedlungs-
und Bauflächen. Wie bei den ersten Siedlern in
vergangener Zeit musste mit der Rodung der für
die Bauten vorgesehenen Flächen begonnen werden,
Straßen und Wege, der Dorfteich, Blumen- und Obstgärten
mussten angelegt werden. Wir möchten die Bauten
nicht einfach beziehungslos und isoliert nebeneinander
stellen, sondern mit ihrer ganzen zugehörigen,
eben „richtigen“ Umgebung und planvoll zu
einem Ganzen geordnet zur Wirkung bringen. So soll der
Besucher den Eindruck haben, ein altes Dorf unserer
rheinischen Heimat mit allem Drum und Dran zu betreten,
versetzt in eine längst vergangene, ferne Zeit.
Und es werden sicher viele Besucher unserem Ruf folgen,
darum ist uns nicht bange. Allein in dem regenreichen
Jahre 1960, und obwohl das Museum noch nicht eröffnet
war und die Werbung noch nicht anlaufen konnte, hatten
schon über 30.000 Besucher die Gelegenheit benutzt,
um unsere Aufbauarbeiten zu sehen.
Zitat aus wisoveg.de
151 Sehenswuerdigkeiten im Rheinland weiter zur nächsten Sehenswürdigkeit
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