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Mein
persönlicher Favorit, nicht nur weil Hans Stefan
Steinheuer mein Cousin ist und er gerade wieder für
Präsident Busch gekocht hat: Der Kochkönig
von der Ahr ist ein altruistischer Mensch. Solidarität
unter Kollegen bedeutet Hans Stefan Steinheuer viel,
und man sollte nicht als eitles Geltungsbedürfnis
abtun, dass er sich immer wieder einmischt, wo er
die Interessen seines Berufsstandes tangiert sieht.
Als es bei Les Amis de l'Art de Vivre kriselte, war
er sofort mit Lösungsvorschlägen zur Stelle,
die nicht nur auf Zustimmung stießen –
die Diskussion dauert an. Uns Gäste treibt dabei
bloß die eine Frage um: Werden wir Steinheuer
irgendwann am Herd vermissen, weil er wieder unterwegs
ist, die Welt (oder wenigstens die Gastronomie) zu
retten? Bis auf weiteres wollen wir daran glauben,
dass er uns durchgängig dort erhalten bleibt,
wo er hingehört – in seiner Heppinger Küche
bei seinen grandiosen Darbietungen. Nicht nur mit
seinen ausdrucksstarken Saucen, die er oft bis an
die Schmerzgrenze reduziert, spricht Steinheuer eine
glasklare Sprache überlegener Genussgestaltung,
die den Gaumen unaufhörlich herausfordert, ohne
ihn je auf Abwege zu führen. Die gleiche deutliche
Diktion begegnet uns sowohl im vielstimmigen Chor
einer Gänsestopflebervariation mit Gewürzkirschen
als auch im brillant zugespitzten Aper¢u eines
gemeinsamen Kurzauftritts von Jacobsmuschel, Couscous
und Kalbskopf, und wir vernehmen sie ebenso umfassend
im breiter angelegten Dialog von Kalbsbries und Krebsen,
die mit einem Panaché von Primeurgemüse
das altvordere Leipziger Allerlei reanimieren. Nachzuvollziehen,
wie Steinheuer seine Akzente verteilt und seine Zutaten
gewichtet, ist immer ein Erlebnis. Mal stützt
ein würzendes Gerüst die ganze Komposition
– so wie der kräftige Bohnenkrautsud mit
grünen Bohnenkernen das Saltimbocca vom Kaninchen
nebst seinen Innereien, mal genügt ein außergewöhnliches
Produkt sich selber: Der nur moderat erwärmte
Adour-Lachs schwamm unlängst noch in einem französischen
Pyrenäenfluss, wo er 20 % weniger Fett ansetzte
als seine in nördlicheren Gewässern beheimateten
Artgenossen. Deshalb wirkt er auf dem Teller straff
und durchtrainiert, ohne an Geschmacksintensität
zu verlieren. Gefüllte Zucchiniblüte und
Bärlauchgraupenrisotto, die ihm für alle
Fälle zugeordnet wurden, verzichten klug darauf,
mit ihm zu konkurrieren, und verharren höflich
im Hintergrund. Wer will, kann Steinheuers Kochkunst
auch als heitere Farbenlehre verstehen. Das Rosarot
des Lachses wird bald abgelöst vom dunkler schillernden
Rot des gebratenen Rouget-Barbet, der noch eine ganz
andere Geschichte erzählt – nämlich
die vom marinierten braunroten Thunfisch, der ihm
aus dünnen Tranchen ein komfortables Lager bereitet,
und von der freundlich hellen Orangenvinaigrette,
die es behutsam flutet. Farbkontraste als Widerschein
geschmacklicher Gegensätze machen auch Effekt
bei der Variation vom Zicklein, die Carré,
Schulter, Leber und Nieren mit zweierlei Zwiebeln
umgibt – rote Burgunder- und weiße junge
Zwiebeln sind so nah beieinander oder so weit voneinander
entfernt wie die gebratenen und die geschmorten Stücke
des jungen Tieres. Richtig aufregend wird es, wenn
Steinheuer seine Aromen ausreizt bis an den Rand des
Erlaubten: Das Filet vom großen Steinbutt in
extravaganter (aber wie angegossen sitzender) Schneckenkruste
schöpft seinen ausgeprägten Anis-Ton aus
zwei verschiedenen Quellen:
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Pernodschaum einerseits und Fenchelgemüse andererseits
ergänzen sich vehement, ohne den saftvollen Fisch
mit ihrer gebündelten Attacke in die Defensive
zu drängen. Letztlich sind alle Beigaben dem Butt
nur dienlich – nichts und niemand bestreitet ihm
ernsthaft die Oberhoheit über sein Revier. Die
verteidigt erfolgreich auch das Eifeler Reh, dessen
zarten Rücken eine faszinierende Pfefferkruste
sehr sinnlich berührt. Man möchte meinen,
das scheue Rehlein würde erst zum stolzen Wild
durch eben diese Kruste, die, anstatt es niederzudrücken,
ihm auf die Beine hilft mit einem sanften Anflug wohldosierter
Schärfe. Derart physisch wie psychisch gefestigt,
weist es säuerliche Mispeln und süßliche
Karottencrêperoulade in die Schranken, ohne dass
dies wirklich zwingend wäre. Denn Steinheuers Garnituren,
denen die ganze Akribie seiner Brigade gilt, sind allemal
diskrete Begleiter, die nie das Rampenlicht suchen.
Statt dessen Bühne frei für das ausgezeichnete
Poltinger Lamm, das nicht viel mehr als etwas Salbei
braucht, um uns lange anhaltenden Applaus zu entlocken!
Der verstummt erst, wenn die Pâtisserie mit Leckereien
auftrumpft, die sämtlich so betören wie Torroneparfait
mit Banyulskirschen und soufflierten Aprikosen, karamellisierte
Blätterteigschnitte mit weißer Schokoladen-Chantilly,
Himbeeren, Erdbeercoulis und Eisenkrauteis oder Schmandsoufflé
mit Tonkabohneneis, Minzpesto und Erdbeer-Cappuccino.
All diese schwerelos schwebenden und ohne jeglichen
Makel zubereiteten Gourmandisen, denen noch fabulöses
Feingebäck folgt, wählt man aus zwei schmissig
geschriebenen variablen Menüs und einem kleinen
à-la-carte-Angebot, das der unverkrampft liebenswürdige
Service unter Gabi Steinheuer und Thomas Ritter so vorbildlich
präsentiert wie die fast 1000 Weine, die kaum ein
Anbaugebiet dieser Erde auslassen – besonders
von der Ahr ist alles vorhanden, was Rang und Namen
hat. Die allgegenwärtige Patronne empfängt
mit familiärer Herzlichkeit in einem edel-modernen
Palisander-Ambiente, dessen warme Farben und weiche
Formen Balsam für die Seele sind. Zitat aus dem
Gault Millau Hoch dekoriert und viel gelobt, ist Hans
Stefan Steinheuer zuallererst ein passionierter Koch,
der eine innige Verbindung zu seiner Heimat, dem Ahrtal,
hat und am liebsten mit regionalen Produkten arbeitet.
Die Liste seiner Auszeichnungen ist lang. Neben zwei
Michelin-Sternen, zwei Varta-Mützen und drei Sonnen
bei Savoir Vivre hat er sich den Titel "Aufsteiger
des Jahres" von den Restaurantkritikern des Gault
Millau erworben und wurde mehrfach zum "Koch des
Jahres" bei diversen anderen renommierten Organisationen
gekürt. Seit 18 Jahren bewirtet er gemeinsam mit
seiner Frau das Restaurant "Zur alten Post"
in Neuenahr/Heppingen. Aus dem Gasthof seiner Eltern
ist mittlerweile ein Gourmetrestaurant geworden, das
seit Ende vergangenen Jahres zu "einem der weltbesten
Restaurants" mit 19 von 20 erreichbaren Gault-Millau-Punkten
zählt. Auf den von seiner Frau mit viel Schwung
handgeschriebenen Menükarten stehen Gerichte wie
Eifeler Reh im Champignon oder Seezunge mit Perigord-Trüffel-Schaum.
Nebenan im rustikalen "Landgasthof Poststuben"
werden die von ihm verfeinerten Rezepte seiner Mutter
offeriert: geschmortes Kaninchen mit Leber oder Graupensuppe
mit Bohnenkernen.
Zitat aus golonglife.de Koch des Jahres
151 Sehenswuerdigkeiten im Rheinland weiter zur nächsten Sehenswürdigkeit
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