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Konkurrenz belebt das
Geschäft: Ein gewisser Separatismus ist sowohl
die Stärke als auch die Schwäche der rheinischen
Museumsszene - Momentaufnahmen aus Bonn, Köln,
Düsseldorf und Duisburg Kulturelle Glanzlichter
fordert NRW-Kulturminister Vesper; Ministerpräsident
Clement will sein Land mit schöngeistigen Leuchttürmen
ins rechte Licht gesetzt sehen - sogar von der Bundeshauptstadt
aus soll man möglichst neidisch den hellen Schein
an Rhein und Ruhr bemerken. Die vielleicht höchste
Museumsdichte der Welt hat man hier: Behäbige
Kulturdampfer und renommierte Flaggschiffe sind darunter,
Seelenverkäufer, wenige wendige Fregatten, so
manche schnittige Jacht. Fast 400 Museen hat alleine
im Rheinland ein gerade erschienener Führer ausgemacht
- 400 Museen auf rund zehn Millionen Einwohner. Und
wo sind die musealen Leuchttürme? Es gibt sie
die Rheinschiene 'rauf und 'runter, und man würde
den versammelten Glanz auch wahrnehmen, endete der
Blick nicht zu oft beim eigenen Kirchturm. Von einem
rheinischen Museen-Konzert, geschweige denn einer
Art "Corporate Identity" ist man weit entfernt.
Das ambitionierte Kunst-Projekt "Global Art Rheinland
2000" mit den Spielorten Bonn, Köln, Düsseldorf
und Duisburg zeigte trotz beachtlicher Qualität
die erheblichen Defizite im musealen Zusammenspiel
(aus denen denn auch finanzielle Defizite wurden).
Wenn's im Ensemble nicht klappt, dann probiert man
es eben solo. Und es gibt starke Solisten an der Rheinschiene.
Das größte Glück hatte wohl Bonn.
Kaum war der Stadt per Bundestagsentscheidung der
Kapitalenrang abhanden gekommen, was mit der Furcht
vor einem so genannten Rutschbahneffekt einherging,
blühten im nunmehr ehemaligen Regierungsviertel
drei prächtige Museumsblumen auf: Die in Deutschland
einzigartige Kulturmaschine Bundeskunsthalle und das
betörend schöne Städtische Kunstmuseum,
einige Meter weiter das Haus der Geschichte, ein sehr
beliebtes, fesselndes Panorama Deutscher Nachkriegshistorie.
Mit einemmal konnte man in der Bundesliga mitspielen,
vereinzelt auch in der Champions League. Und das mit
den äußerst komfortablen Begleiterscheinungen,
für zwei der Häuser - wahre Publikumsmagneten
- finanziell nicht aufkommen zu müssen. Die Bonner
Museumslandschaft, so solide und homogen sie auch
wirken mag, gleicht aber bisweilen einem Minenfeld:
Da gibt es die manchmal nicht sehr kooperationsfreudigen
"großen" Häuser an der Museumsmeile,
neidisch beargwöhnt von den kleineren, so genannten
City-Museen und dem Schutz- und Trutzbündnis
Kunst-Carré im Bonner Norden. Konkurrenz belebt
das Geschäft - schwächt aber auch die Protagonisten.
Rheinabwärts, in Köln, übertönt
das kulturpolitische Gedröhne hinter und vor
den Kulissen der städtischen Bühnen gegenwärtig
die Misstöne in der Museumsszene. Nach Zeiten
der Stagnation sieht es dort nach Aufbruch aus. So
soll ein frischer Wind unter neuer Führung im
Museum Ludwig wehen. Das einstige Flaggschiff der
Kölner Museumsszene hatte durch ein zu enges
Sparkorsett und eine glücklose Leitung Schlagseite
bekommen. Kasper König, einst Chef des Portikus
und Leiter der Städelschule in Frankfurt, soll
es nun richten. Sehen kann man davon zurzeit so gut
wie nichts. Bei reduziertem Publikumsverkehr wird
das 15 Jahre alte Haus gerade geliftet: Der renommierte
Amsterdamer Architekt Rem Koolhaas sorgt für
die Umgestaltung der Eingangssituation. König
selbst formuliert seinen Anspruch für die Zukunft
- auch im Hinblick auf öffentliche Geldgeber,
Sammler und potenzielle Stifter - dann ab dem 1. November
mit seinem "Museum der Wünsche". Am
Ziel seiner Wünsche scheint hingegen das Wallraf-Richartz-Museum
angekommen zu sein. Nach einer langen Odyssee - zuletzt
wurde es aus dem Museum Ludwig herausgeekelt - konnte
es in den repräsentativen Kubus des Architekten
Oswald M. Ungers ziehen - vom Bahnhof an den Gürzenich.
Mag der Ungers-Block auch Schwächen haben, das
Dogma des Quadrats auch den Anforderungen einer Kunstsammlung
widersprechen, das neue Wallraf-Richartz-Museum ist
für die Stadt ein großer Wurf - dem mit
der Bindung der Sammlung Corboud an das Museum ein
zweiter folgte. Balsam für die Kölner Seele,
die so sehr unter ihren Sammlern zu leiden hat: Die
Brandhorst-Sammlung zog nach München ab, Garnatz
nach Karlsruhe, die Kollektionen von Hoffmann und
Welle gaben Berlin den Vorzug. Corboud ist jetzt sicherheitshalber
im Logo des Wallraf-Richartz-Museums verankert. Und
was ist mit Josef Haubrich? Die nach Meinung vieler
ungleich gewichtigeren Schätze des Kölner
Mäzens bereichern als Schenkung das Museum Ludwig
- ohne Nennung Haubrichs im Museums-Namen...
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Während es hier um Retuschen geht, führt die
wiederholte Forderung nach einem "Masterplan"
für die Kölner Museen auf die Ebene der hohen
Kulturpolitik - und versandet dort. Immerhin: Was die
nächsten Projekte in Köln angeht, so genießt
der Neubau des Rautenstrauch-Joest-Museums am Neumarkt
absolute Priorität. 2002 soll mit dem Bau des Völkerkundemuseums
(Baukosten: 120 Millionen Mark, deren Hälfte das
Land NRW zahlt) begonnen werden. Kunstverein plus Kunsthalle,
außerdem das Schnütgen-Museum werden dort
integriert. Alle zusammen - insbesondere das vom jährlichen
Rhein-Hochwasser bedrohte Rautenstrauch-Joest-Museum
- warten mehr oder weniger geduldig. Ungeklärt
ist der Ausgang eines möglicherweise bald vor Gericht
ausgetragenen Streits rund um die bauliche Erneuerung
des Diözesanmuseums: Der Graubündener Star-Architekt
Peter Zumthor soll an St. Kolumba anbauen, wird dabei
eine Kapelle überbauen, die 1949 Gottfried Böhm
errichtete. Böhm will das "Verschwinden"
seines Jugendwerkes nicht akzeptieren. In ruhigeren
Gewässern scheint rheinabwärts der Dampfer
Kunstsammlung NRW Düsseldorf zu schippern. Die
Szene gegenüber (Kunsthalle und Kunstverein) ist
befriedet, im eigenen Haus präsentiert man die
große Kunst. Wem das hochkarätige, aber eben
recht abgehangene Klassikerprogramm von Armin Zweite
zu wenig prickelnde Anreize bietet, der muss sich noch
ein paar Jahre gedulden, denn die "Experimentierbühne"
kommt erst 2003. Dann will Zweite seine Dependance im
so genannten Ständehaus eröffnen. Der ehemalige
Landtag, ein Neo-Renaissance-Bau aus dem 19. Jahrhundert,
steht seit 1988 leer, wird gerade für 96 Millionen
Mark durch den Münchner Architekt Uwe Kiessler
umgebaut. Der Clou ist eine riesige Glaskuppel, die
weithin sichtbar den gesamten Dachraum überwölbt.
Das neue Forum für zeitgenössische Kunst soll
insbesondere die großformatigen Objekte und Installationen
aus der NRW-Sammlung aufnehmen, ergänzt um private
Leihgaben. So hat gerade das Sammler-Ehepaar Ackermanns
Zweites "Experimentierbühne" den Vorzug
gegenüber der Tate Modern in London als Standort
für rund 80 Kunstwerke gegeben. Nur wenige hundert
Meter entfernt ist in diesen Tagen am Ehrenhof ein Konkurrent
in den Ring gestiegen, alles andere als ein Leichtgewicht.
Das Museum Kunst Palast vereinigt unter einem Dach (Architekt:
Oswald M. Ungers) das städtische Museum mit einem
Ausstellungshaus, dem Kunstpalast, und einem großen
Veranstaltungssaal, dem Robert-Schumann-Saal. Mit Altären
aus aller Welt startet Palastherr Jean-Hubert Martin
sein Wechselausstellungsprogramm, die städtische
Kunstsammlung ist - ein Novum - von den Künstlern
Thomas Huber und Bogomir Ecker neu arrangiert worden.
Doch auch in anderer Hinsicht verdient das Museum Kunst
Palast das Prädikat sensationell: Er ist das größte
Projekt der "public private partnership" in
NRW und somit Clements Liebling. Der Energiekonzern
E.ON (früher VEBA) finanziert das Museum nicht
nur aus den Erlösen einer für diesen Zweck
gegründeten Stiftung, er war auch bei den Baumaßnahmen
behilflich. Auch die Metro AG will sich langfristig
im Kunstpalast engagieren. Sieht so die Zukunft der
Museen aus? Dass es keine Alternative zur starken öffentlichen
Hand gibt, sieht man in Duisburg. Dort zeigt das Vorzeigestück
Küppersmühle, wie wichtig die Zusammenarbeit
von Stadt und privatem Kapital ist. Die öffentliche
Seite finanzierte den äußerst geglückten
Umbau der Küppersmühle am Duisburger Innenhafen
in ein Museum durch die Basler Stararchitekten Herzog
& de Meuron, der Sammler Hans Grothe füllte
das Haus mit deutscher Nachkriegskunst. Auch im Lehmbruck
Museum wurden neue Wege der Kulturfinanzierung eingeschlagen:
Seit Anfang 2000 funktioniert das Haus als privatrechtliche
Stiftung, unterstützt von der Duisburger Wirtschaft,
dem Landschaftsverband Rheinland - und der Stadt Duisburg.
Die Zukunft der Museen freilich hängt nicht am
Geld allein, sie müssen sich in einer sich stetig
wandelnden Gesellschaft als Anreger und Dienstleister
behaupten und legitimieren. Die Häuser müssen,
so der Bielefelder Museumschef Thomas Kellein, einen
kulturellen Spagat absolvieren: "Es soll ein einzigartiges
Mausoleum für die jeweils gezeigte Kunst, eine
denkbar schlanke Kulturfabrik für die produzierende
Equipe und eine faszinierende Ausstellungs-Disco für
die Bevölkerung sein." Das ist eine schwierige
Aufgabe. Kelleins Rezept: Die Museen müssen besser
aussehen, als sie sich mitunter fühlen. Die Warnung:
Der große Erfolg und Jubel kommt, wenn man nicht
aufpasst, leicht in den Nachbarstädten zuerst.
Zitat aus dem General-Anzeiger Bonn zum Thema Licht
Installationen von Thomas Kliemann
151 Sehenswuerdigkeiten im Rheinland weiter zur nächsten Sehenswürdigkeit
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