|
Die
Rheinische Republik oder auch Bonner Republik war
ein Glücksfall für Deutschland und die Welt.
Von ihr kann in Berlin nicht genug fortbestehen Das
Echo der großen Debatten, die einst im Bundeshaus
am Rhein geführt wurden, wird nun verloren von
den gläsernen Wänden des so leichten, so
eleganten Plenarsaales tropfen: Erinnerung an die
Stunden, in denen die Geschichte an die Bonner Türen
klopfte. Denn es ist ja nicht wahr, was Arnulf Baring
in die Welt geredet hat: dass die Bundesrepublik vor
der Wiedervereinigung eine "Puppenstube"
der Deutschen gewesen sei. Und es traf nicht zu, wahrhaftig
nicht, dass sich der Bonner Staat einer "eklatanten
Geschichtslosigkeit" anheim gegeben habe, wie
es ihm Frank Schirrmacher ins Register schrieb. Nein,
der westdeutsche Staat war kein harmlos-liebenswürdiges
Idyll voll traulichen Behagens, in dem betuliche Regierungs-
und Kommerzialräte, die Zipfelmütze über
der Stirn, ihr Spitzweg-Biedermeier konserviert hätten.
Nein, Bonn war auch keine "heile Provinzhauptstadt",
wie im Spiegel zu lesen war. Man sagte Bonn, zu Recht,
kleinstädtische Enge nach. Aber das hieß
auch, dass sich in der Begrenztheit des Raumes die
Spannungen oft verdichteten und umso heftiger entluden.
Die Bannmeile ums Bundeshaus war oft genug ein Brennspiegel
der Passionen, die unter den Deutschen umgingen. Denn
dies war die bittere Wahrheit, mit der sie sich, von
der Gründung der Rheinischen Republik an, täglich
konfrontiert sahen: dass sie sich, entgegen ihrer
Neigung, aus der Geschichte nicht entlassen sahen.
Sie hätten sich so gern in den Reduit einer großen
Schweiz zurückgezogen. Doch die Teilung des Landes
war mit dem Scheitern des Alliierten Kontrollrates
vollzogen.
|
|
Die Blockade Berlins bewies, dass Stalin nicht nur sein
ostdeutsches Territorium zu konsolidieren gedachte,
sondern in der alten Hauptstadt der Deutschen den Ansatz
suchte, die Amerikaner zum Rückzug aus Europa zu
zwingen und den Westen des Kontinentes auszuhebeln,
gestützt auf den gewaltigen Zulauf, den die kommunistischen
Parteien Frankreichs und Italiens in jenen Jahren fanden.
Die Etablierung des Bonner Staates war ein Akt der Notwehr.
Er bezeichnete - in der Abkehr von den neutralistisch-gesamtdeutschen
Fantastereien der Linken wie der Rechten - in Wirklichkeit
den Wiedereintritt in die Geschichte. Mit welcher Leidenschaft
brandeten die Debatten um die Europäische Verteidigungsgemeinschaft
und hernach um die Nato durch das so genannte Bonner
Provisorium. Diskussionen, wie sie mit gleichem Ernst,
mit gleichem Feuer, mit gleicher Tiefe und gleicher
Brillanz später kaum mehr ausgetragen wurden. Gespräche
zwischen Menschen, die ein Schicksal hatten, allesamt:
vom Krieg geprägt, von Gefangenschaft, vom Widerstand,
von Jahren in Zuchthäusern und Konzentrationslagern
(und manche von ihrem Mitläufertum gedemütigt).
Kurt Schumacher, der seine brennende Liebe zur Freiheit
ein Jahrzehnt in den Lagern bewahrt hatte. Fritz Erler,
der in den Entbehrungen und Bedrückungen von mehr
als acht Jahren Haft seinen Geist geschärft hatte.
Herbert Wehner, der leidende Renegat. Der junge Willy
Brandt, der in der Emigration einen souveränen
Blick über das weltpolitische Geflecht gewonnen
und sich doch niemals von den Landsleuten zu Hause entfernt
hatte. Carlo Schmid, der deutsch-französische Bildungsbürger,
der seine Liebe zur Literatur, zur Geschichte, seine
Kenntnis internationalen Rechtes mit solch prangendem
Pathos präsentierte. Eugen Gerstenmaier, der Erzschwabe,
der seine Weggenossen aus dem Kreisauer Kreis und vom
20. Juli bei ihrem Gang zum Tod mit seinen Gebeten begleitete.
Die hochragende Gestalt Konrad Adenauers, des Patriarchen
aus Rhöndorf, der bis morgens um vier Uhr nicht
von der Regierungsbank wich und um neun pünktlich
wieder zur Stelle war. Zitat aus der Zeit über
die Bonner Republik von Klaus Happrecht
151 Sehenswuerdigkeiten im Rheinland weiter zur nächsten Sehenswürdigkeit |
|